19. Dezember: Nach so viel Natur haben wir nun ein wenig Kontrastprogramm vor uns: Wäsche waschen, Blog hochladen, Lebensmittel einkaufen. Wir fahren in die nächste größere Stadt, Motueka, und suchen den Waschsalon auf. Es ist nur noch die jumbo-extragroße Maschine frei – genau richtig für unsere fleckigen Schlafsäcke und Bettlaken sowie die noch immer nach Rauch miefenden Sweatshirts und Hosen. Allerdings steht überall „cold wash only“, deshalb muss die Unterwäsche weiter auf ihren Reinigungszyklus warten. Parallel zum Waschen kämpfe ich mit dem offenen WLAN, es will meine Bilder nicht hochladen. Irgendwann gebe ich auf – dann gibt’s halt erstmal nur Text, schafft mehr Raum für Fantasie… 😉 Schließlich fahren wir weiter Richtung Süden, zu den Nelson Lakes. Unterwegs kommen wir an einer lebensgroßen Weihnachtskrippe aus Drahtfiguren vorbei, höchst originell. Später unternehmen wir einen Spaziergang durch einen alten Eisenbahntunnel und informieren uns in einem Ex-Bahnhöfchen über den Bau der neuseeländischen Bahnlinien Ende des 19. Jahrhunderts. Parallel zum breiten Flussbett des Buller River geht es weiter zum Lake Rotoiti, wo wir picknicken wollen. Doch kaum haben wir geparkt, beginnt es zu regnen. Also stellen wir den Wohnwagen so, dass wir Aussicht auf den See haben und kochen drinnen. Da das Wetter nicht mehr besser wird, beschließen wir weiter zu fahren statt auf dem teuren See-Campingplatz zu übernachten. Als wir eineinhalb Stunden später mit schlafenden Kindern in Blenheim ankommen, ist der einzige kostenlose Stellplatz absolut voll belegt. Wir diskutieren eine Weile rum, bis ich in meiner Campingplatz-App am nah gelegenen State Highway 1 eine Raststätte mit Übernachtungsplatz ausfindig mache. Weil die Straße ein Stück weiter südlich nachts gesperrt ist – hier werden immer noch Schäden des Erdbebens vom November ‘16 ausgebessert – wird es sogar eine relativ ruhige Nacht.
20. Dezember: Morgens erleben wir zwei erwärmende Überraschungen. Die Waschmaschine kann heiß waschen und die Dusche spendet ebenfalls heißes Wasser, was für eine Wohltat. Heute gucken wir uns eine der (wenigen) Attraktionen Blenheims an, das Wrack der SS Wesseley. Dafür wandern wir eine ganze Weile durch Sumpfgrasflächen, bis wir an einem flachen Meeresarm ankommen, an dessen Ufer ein völlig verrostetes früheres Lastschiff liegt. Spannend darin herum zu klettern! Nachmittags fahren wir mal wieder zu einem Übernachtungsplatz an einem See, der zwar recht trüb ist (wir baden zur Abwechslung nicht), aber schön gelegenen in der Nähe eines großen Salzsees und zwischen Weinbergen und -feldern.
21. Dezember: Eins der vielen Weingüter um Blenheim ist heute unser Ziel: Yealands. Ein freundlicher Mitarbeiter, der aus Kanada stammt und dessen Englisch ich deshalb herzerfrischend gut verstehe, bietet uns eine kostenlose Weinprobe an, zwei Weiße, zwei Rote und einen prima Dessertwein (selbstverständlich kaufen wir Letzteren dann auch…). Und er schenkt jedem Kind eine Tüte mit Hühnerfutter. Wofür das denn? Wir erfahren, dass man hier im eigenen Fahrzeug durchs ganze Weingut zuckeln darf. Dabei trifft man immer wieder auf Gruppen von Hühnern, die zur biologischen Schädlingsbekämpfung eingesetzt werden. Zehn Hühnerhäuser gibt es über das Gelände verteilt. Und vor jedem Häuschen informiert ein Schild: „over friendly chicken“. Hä? Okay, sobald das Auto auch nur anfängt abzubremsen – es steht noch längst nicht – beginnen wir zu verstehen: Wie auf Kommando rennen sämtliche Federviecher auf uns zu… selten aufdringlicher begrüßt worden! Sie stoßen sich gegenseitig um, hüpfen ins Auto, lassen sich sogar auf den Arm nehmen – was für ein Spaß. Außer den Hühnern bewundern wir auf der einen Seite den schneebedeckten Mount „Tabby“, auf der anderen die steil zum Meer abfallenden Klippen. Yealands hat die am nächsten zum Meer gelegenen Weinberge ganz Neuseelands. Außerdem gibt es einen Schmetterlingsgarten an den Bewässerungsweihern, Babydoll-Schafe, die zu klein sind um die Reben anzunagen, aber prima die Weinberge mähen, Neuseelands größte private Solaranlage – und Musik. Ja, die Reben bekommen klassische Musik zu hören! Das macht sie ertragreicher und widerstandsfähiger. Wie schön, Beethovens Neunter zu lauschen und dabei den Blick über die endlosen, satt grünen Weinfelder schweifen zu lassen. Und auch der Nachmittag wird spannend: Nun holen uns die Folgen des letzten, 13 Monate zurückliegenden Erdbebens ein. Eigentlich möchten wir eine Wanderung durch den kurzen, aber angeblich spektakulären Sawcut Gorge machen. Lesen jedoch gleich am Talbeginn: Gorge closed. Danger! Wir fahren trotzdem den Kiesweg durch das schöne Tal bis zu dessen Ende. Dort steht ein einsames Haus. Wir klopfen, eine ältere Dame öffnet und beantwortet geduldig und ausführlich all unsere Fragen. Der Weg durch die Schlucht ist noch nicht wieder hergestellt, überall liegen Felsbrocken, die abstürzen, ja sogar den Rückweg versperren könnten. Die Dame selbst hatte bis zum Erdbeben einen zwei Meter längeren Garten – wir gucken beeindruckt den Steilabfall hinunter. Also: Wanderung gestrichen. Stattdessen nehmen wir uns vor, in diesem Tal den perfekten Weihnachtsbaum zu finden. Dafür quert unser Allrad-Otto, der Held, mehrfach das Flussbett. Schließlich erspähen wir eine nachgerade ideale Palme. Am Wohnwagen angekommen schmücken wir sie sofort. Währenddessen kommt starker Wind auf. Wir können die Palme auf keinen Fall ins Auto transportieren. Also bleibe ich die nächsten paar Kilometer illegal auf dem Teppich im Wohnwagen sitzen, die Palme fest umklammert, und sehe eher wenig von der spektakulären Küstenstraße, die erst vor wenigen Tagen wieder eröffnet wurde und noch immer gesäumt ist von erdbebenbedingten Baustellen. Egal, man muss Opfer bringen können für ein schönes Weihnachtsfest…
22. Dezember: Am Vorabend haben wir an einem Surferstrand nördlich von Kaikoura geparkt. Diesen spazieren wir nun entlang und finden dabei jede Menge Hummerschalen, Paua-Muscheln und einen riesigen Backenzahn – bestimmt von einem Hai!! Und wir finden, dass die Ulla fünfzig Meter weiter viel besser stünde. Also parken wir um, so dass wir nun eine Feuerstelle und einen riesigen schwarzen Sandkasten quasi im Vorgarten haben. Dann fahren wir nach Kaikoura, wundern uns über die Lebkuchenmänner und die horrenden Preise in der lokale Bäckerei und buchen in der i-Site doch tatsächlich eine Delfin-Beobachtungstour für den 24. Dezember, Start 5:30 Uhr morgens. Wir sind alle als „Observer“ eingeloggt, doch ich habe mich auf die Warteliste fürs Schwimmen mit Delfinen setzen lassen. Nachmittags fahren wir zur Robbenkolonie von Ohau am Highway 1, an dem ich gestern dank Palme nichts gesehen hatte. Wir kommen den Robben so nahe, dass sie uns anfauchen und beobachten sie lange. Zurück im Wohnwagen erinnern wir uns an den Karton voller Pflaumen, den uns am Vortag zwei junge Neuseeländerinnen auf einem Parkplatz geschenkt haben (ein Ast ihres Baumes war abgebrochen, für die überraschende und reichhaltige Ernte suchten sie spontan Abnehmer, so sind die Kiwis…). Wir backen einen Pflaumen-Streusel-Kuchen – und weil der Ofen gerade so schön heiß ist auch nochmal unsere Schoko-Weihnachtsplätzchen.
23. Dezember: Gemütlicher Vormittag, wir verzieren Plätzchen und hören Drache Kokosnuss in Atlantis an. Dann müssen wir nochmal nach Kaikoura, um unsere Tour beim Anbieter, dem empfehlenswerten „Dolfin Encounter“, zu bestätigen. Ich hinterlasse meine Telefonnummer und bekomme das Versprechen direkt angerufen zu werden, wenn ein Schwimmer-Platz frei werden sollte. Dann klettern wir auf den gischtumtosten Felsen der Kaikoura-Halbinsel herum und treffen eine absolut tiefenentspannte Robbe, die gern für ein Foto posiert. Ich bin die ganze Zeit angespannt – und als wir gerade wieder zu Hause sind und Kuchen essen klingelt tatsächlich das Handy. Ich darf mit den Delfinen schwimmen!!
24. Dezember: Um 4:20 Uhr piepst der Wecker. Der Impuls sich umzudrehen und weiter zu schlafen ist ganz kurz da – aber wirklich nur Millisekunden, wir wissen ja, wofür wir das hier tun… Keine zehn Minuten später sitzen wir (ohne jeglichen einkalkulieren Wut- oder Schlechte-Laune-Ausbruch) im Auto, kommen überpünktlich beim Treffpunkt an und nutzen die gewonnene Zeit kurzerhand für ein Schwätzchen mit der Heimat. Dann bekomme ich Schnorchelausrüstung, wir gucken in großer Runde einen Einweisungsfilm und werden in einem Bus zum Bootshafen transportiert. Schon nach wenigen Minuten Bootsfahrt sehen wir ein paar einzelne Delfine, Begeisterungsrufe ertönen, doch der Guide meint gelassen das sei erst das Vorspiel, heute sei viel mehr zu erwarten. Wie recht er hat! Wir fahren mitten hinein in eine riesige Delfinschule. Direkt vor und neben dem Boot vollführen die Tiere ihre wunderbaren Sprünge. Jochen und die Kinder beobachten sie begeistert vom vorderen Aussichtsdeck aus. Und ich? Hüpfe ins Wasser, Weihnachtslieder singend. Was ganz schön anstrengend ist auf die Dauer. Aber wir werden animiert Lärm zu machen, weil der die neugierigen Tiere anlockt. Also tröte ich wild durch den Schnorchel. Und es klappt. Am liebsten mögen die Delfine „Alle Jahre wieder“. Sie kommen aus allen Richtungen angeschossen, scheinen mir in die Augen zu sehen, stupsen mich fast mit ihren Schnäbeln an. Gemeinsam drehen wir uns ein ums andere Mal um die eigene Achse, bis mir fast schwindelig wird oder Wasser in den Schnorchel läuft. Immer wieder funktioniert es, dieses „Karussellspiel“, so gut, dass ich einmal tatsächlich die Hupe überhöre, welche die Schwimmer auffordert wieder an Bord zu kommen. Die Nähe zu den Delfinen ist zum Gänsehaut Kriegen. Es sind wilde Tiere, so dass ich manchmal beinahe Furcht, zumindest viel Respekt verspüre. Vor allem aber ist es wunderschön, sie im Schimmer des Morgenlichts um mich herum schwimmen zu sehen. Als ich schließlich wieder an Bord bin und mit einem heißen Kakao in der Hand das Geschehen um mich herum beobachte, bekomme ich erst ein Gefühl für die Menge an Delfinen, die uns umgibt. Fast ununterbrochen springen vorne, hinten, rechts und links Tiere aus dem Wasser. Hunderte. Auch kleine Jungtiere sehen wir, was Valentin besonders begeistert. Einziger Wermutstropfen: Antonia sitzt über einem gelben Plastikeimer und speit sich das Frühstück aus dem Leib, sie ist – wie einige andere auch – seekrank geworden…
Wieder zu Hause schlafen wir erstmal noch ein Ründchen. Dann futtern wir Plätzchen, optimieren unsere Weihnachtspalme, sammeln Holz fürs Lagerfeuer, gehen mit den Bodyboards im Meer schwimmen. Und es ist wie jedes Mal an Heiligabend: Antonia und Valentin fragen ständig nach der Uhrzeit, die Stunden wollen einfach nicht vergehen. Irgendwann fange zumindest mal an zu kochen. Es gibt Nudeln, Bolognesesoße, Hackfleischbällchen, Datteln im Speckmantel, Karotten, Paprika, Gurken und Käsewürfel, hübsch in Schälchen angerichtet. Tapas, wie häufig auch am deutschen Heiligabend… Dann müssen die Kinder mit Jochen erneut an den Strand verschwinden, ich richte alles her. Das Weihnachtsglöckchen ist diesmal ein halbwegs passender Handy-Klingelton. Und dann sind die beiden nicht mehr zu halten. Mit den Geschenklein scheine ich ins Schwarze getroffen zu haben. Wir bauen noch Lego, als draußen schon das Lagerfeuer brennt. Dort lassen wir den Abend ausklingen. Und Antonia sieht endlich ihre Sternschnuppen.
25. Dezember: Was macht man am ersten Weihnachtsfeiertag? Schlemmen und Geschenke einweihen. Genau das tun wir. Ich erlebe im Geiste nochmal meine Delfintour und schreibe sie auf. Die Kinder bauen ihre Legosachen auseinander und kreativer wieder zusammen. Die neuen Kuscheltierchen (Robbe Merry und Hai Kaiki) werden überall herumgeschleppt. Und die bunten Plastikdinos dürfen zu den Schleichtieren im schwarzen Riesensandkasten direkt vor der Haustür. Wir baden, quatschen mit den Nachbarn (um uns herum hat sich eine riesige Kiwis-Clique mit Zelten und Wohnwägen gruppiert) und genießen einen Tag ohne jegliches Autofahren oder sonstige Action.
26. Dezember: Warum nur musste der Wetterbericht recht behalten? Über Nacht hat das Wetter extrem umgeschlagen, es regnet und ist kalt. Keine Lust auf Draußensein… Wir schmücken unsere Weihnachtspalme ab und stecken sie in den Sand, koppeln unser Gespann zusammen und machen uns über übelst gewundene Straßen auf die etwa zweistündige Fahrt nach Hanmer Springs. Dass der Ort im Landesinneren ein prima Ausgangspunkt für Wanderungen ist, lässt uns heute im wahrsten Sinne des Wortes kalt. Wir sind hier wegen der heißen Quellen, die das Hammer Springs Thermal Pools & Spa speisen. Becken bis 42°C Wassertemperatur, kombiniert mit Kinder-Spaßbereichen – so lässt dich das Wetter aushalten. Auf dem Heimweg nehmen wir bei einem arabischen Imbiss die besten Pommes der Welt mit – nochmal ein unverhofftes Weihnachts-Festessen!
Spektakulär! Scheinen super Weihnachten gewesen zu sein! Viele liebe Grüße und ein frohohes neues Jahr voller Liebe, Lachen und ABENTEUER Euch 😍
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