Unsere Kinder sollen echte eigene Erinnerungen an unser Familien- und Weltentdecker-Jahr haben. Das war und ist uns extrem wichtig. Deshalb war das Zeitfenster für die Unternehmung relativ eng, der „Jetzt-oder-nie-Moment“ im Ausschlussverfahren schnell gefunden: Valentin muss mindestens fünf sein, kein Kind darf in der ersten (im Schulleben ankommen…) oder vierten Klasse (weiterführende Schule…) sein, idealerweise ist sowieso nur ein Kind bereits Schulkind… Unterm Strich blieb da nur 2017/18, Antonias zweites Schuljahr.
Diese Erkenntnis passte zu dem Gefühl, das mich schon wenige Wochen nach Antonias Einschulung beschlichen hat: So kann das nicht die ganze Grundschulzeit über laufen. In einer Ganztagsgruppe im Kindergarten nachmittags fröhlich im Garten zu spielen ist das eine. Im Hort Hausaufgaben zu machen und bis 17 Uhr betreut zu werden, während sich die neuen Freunde aus der Klasse nachmittags zum Spielen verabreden, ist etwas ganz Anderes. Ich habe es in meinem Gruppenleiter-Job nicht geschafft, meine Arbeitszeiten an die Bedürfnisse meines Kindes anzupassen. Während der Auszeit habe ich und haben wir als Familie nun Zeit über neue Modelle nachzudenken.
Aber zurück zum eigentlichen Thema: Man kann sich in der Theorie ja wunderbar einen idealen Zeitpunkt X für das anvisierte Sabbatical aussuchen, in der Praxis steht und fällt das Ganze mit der Schulbefreiung fürs Kind. Wir waren uns einig, dass unsere wissbegierige Toni möglichst kein Schuljahr verpassen und von uns unterrichtet werden soll. Aber geht das so einfach? Wir haben Fälle im Internet recherchiert, in denen das ging und die Beispiele fleißig gesammelt und abgespeichert. Wir haben uns über die rechtliche Lage, also die Schulpflicht und mögliche Ausnahmen informiert. Wir haben unseren Traum beschrieben, unsere Reise-, Familien- und Abenteuerpläne. Aus all dem Material wurde eine Art Exposé, mit dem ich mich zur Schulleitung gewagt habe.
Die Resonanz war so toll und Mut machend positiv – einfach unglaublich, dafür bin ich immer noch tief dankbar. Allerdings war auch schnell klar: Wenn es um ein ganzes Schuljahr geht, entscheidet das keine Schulleitung allein. Wir haben uns also auch an Schulamt und Regierungspräsidium gewandt – und dabei wurde unser Exposé immer dicker. Eine Leistungsbeurteilung des Kindes war gefordert, ebenso wie Informationen zur Ausbildung der Eltern, zu Möglichkeiten der Kontaktaufnahme mit der Klassenlehrerin, zur Reiseroute und zu eventuellen Heimataufenthalten, die zur Leistungskontrolle genutzt werden können.
Als alles vorlag, bekamen wir sie, schriftlich, mit der Post: die Genehmigung der Aussetzung der Schulpflicht für ein Jahr. Die Genehmigung unserer Freiheit. Was für ein Feier-Tag! Nun machen wir mit dem Lehrmaterial, das wir mitbekommen haben, täglich Unterricht (an Werktagen, versteht sich), nutzen eine WhatsApp-Gruppe mit den Lehrerinnen, schreiben E-Mails an die Klasse – und haben alle jede Menge Spaß an dieser Art der Zusammenarbeit. Zweimal, wohl nach den Herbst- und Pfingstferien, wird Antonia ihrer Klasse einige Tage lang einen Besuch abstatten. Und Valentin? Der macht beim Unterricht große Ohren, bekommt eigene Aufgaben und rechnet und liest schon ganz manierlich…