Gut, dass der Mechaniker mitfährt

Ein Wohnwagen ist ein fahrbares Zuhause, das seinen Besitzern die Freiheit gibt, temporär in wunderschönster Natur zu leben. Unser persönlicher Lieblings-Caravan Ulla kann sogar noch mehr: Schon diverse Male hatten wir das Vergnügen, sie an den schönsten Stellen des Landes zu reparieren! Da kommt einiges an Erzählstoff zusammen… Allerdings muss vorab klargestellt werden: Falls sich bei den nächsten Zeilen das Gefühl einschleichen sollte, Ulla sei nur eine wandelnde Dauerbaustelle, stimmt das überhaupt nicht. Zwar hat sie mittlerweile eine gewisse Reparaturliste angesammelt, aber alle Defekte ließen sich kostengünstig und relativ einfach selbst reparieren. Wir lieben unseren Wohnwagen von Herzen, er ist unser Zuhause und vermittelt uns ein wunderbares Gefühl von Geborgenheit. Nur leider hat Ulla altersbedingt eine Art Bindegewebsschwäche entwickelt, die sich nicht sonderlich gut mit den rumpeligen Straßen Neuseelands verträgt. Da kann sie eigentlich gar nichts dafür.

Zum Glück hatten wir unsere Ulla bereits vom ersten Tag an tief ins Herz geschlossen. Darum waren wir auch nicht weiter schockiert, als direkt bei der Übergabe das Türscharnier mit einem lauten Klonk abfiel. Wir ahnten ja noch nicht, dass das der Beginn einer ganzen Reparaturserie werden sollte. Den Verkäufern, einem argentinischen Auswandererpärchen, war es sichtlich peinlich, als die Tür am verbleibenden Scharnier etwas windschief im Rahmen hing. Aber sie hielt noch zu, und der Reparaturaufwand – zwei Nieten frisch einsetzen – war minimal. Zumal wir sowieso zwei Tage später mit dem Werkzeug von Freunden in Taupo eine Umbauaktion geplant hatten. Zur Solarzelleninstallation sowie kleineren Renovierungen kam nun zusätzlich die Türreparatur… kein Problem!

Frisch geputzt und repariert erschien uns der Wohnwagen quasi perfekt – als könne nichts mehr schiefgehen. Nur wenige Tage später jedoch – wir hatten uns inzwischen wunderbar an das Nomadenleben im Anhänger gewöhnt – brach der Wasserhahngriff ab. Eigentlich kein Wunder bei einem schwergängigen Wasserhahn mit schwachem Plastikgriff. Nach „fest“ kommt bekanntlich „ab“, und zwischen „fest“ und „ab“ war leider zu wenig Spielraum. Die Reparatur an sich war einfach und günstig… Ich brauchte dafür lediglich ein seltenes Bauteil eines Wasserhahns, der vor 24 Jahren auf der anderen Seite der Erde gefertigt wurde. Zum Glück ließ sich auf der Südinsel ein einziger Händler ausfindig machen, der das Teil auf Lager hatte, in Christchurch. Drei Wochen später wollten wir sowieso dort vorbeikommen und solange konnten wir mit dem verbliebenen Warmwasserhahn durchhalten.

Wir waren noch längst nicht in Christchurch, als erneut etwas Ungeplantes passierte. Eines Abends kurz vor Weihnachten hatten wir gerade alle drei Gasflammen in Betrieb, als plötzlich eine Flamme komische Geräusch von sich gab und zu rußen begann. Verwunderte Blicke unter die Pfanne offenbarten, dass eine der Brennerkappen gebrochen und die Flamme nicht mehr zu gebrauchen war. Auch diese Reparatur: eigentlich einfach und günstig. Aber die Besorgung eines Ersatzteils eines 24 Jahre alten Gasherds, dessen Herstellerfirma auf der anderen Seite der Erde bereits dreimal Namen und Eigentümer gewechselt hat, war in Neuseeland unmöglich. Sowohl offline in mehreren Läden als auch in allen möglichen Onlineshops – nirgendwo im Land war dieses Teil zu erhalten. Selbst in Deutschland war die Besorgung schwierig, nur wenige Restpostenhändler hatten es überhaupt noch gelistet. Letztendlich fanden wir es und bestellten es zu Opa nach Kempten, um es von dort weiter nach NZ senden zu lassen. Und auch bei diesem Problemchen galt: Es lebe die Redundanz! Wir hatten ja noch zwei funktionierende Kochplatten übrig… Viele Wochen später war die Reparatur tatsächlich eine Sache von fünf Minuten.

Irgendwo im Nirgendwo am Südzipfel der Südinsel hatte Ulla dann eine Lektion in Sachen Anhängerkupplung für uns auf Lager. In deren Umfeld war es von Anfang an recht ölig, mit gelegentlichen Tropfen am Boden. Passiert halt bei alten Fahrzeugen, dachten wir. Aber irgendwann war das Öl im undichten Auflaufdämpfer leer – und plötzlich merkt auch der Laie, wofür das Bauteil gut ist… Die Auflaufbremse bremst den Wohnwagen, wenn dieser „aufläuft“ (weil das ziehende Auto bremst), und der Dämpfer sorgt dafür, dass das nicht schlagartig passiert. Fahren konnten wir also noch einwandfrei, nur jedes Mal beim Bremsen „klopfte“ der Wohnwagen mit brachialer Gewalt hinten an. Beim Anfahren an der Kreuzung war es genau andersrum, ein Gefühl als wolle Ulla die Anhängerkupplung abreißen. Was nun?

Auch ohne das Dämpferproblem hatten die Rumpelstraßen Neuseelands unserer Ulla bereits zugesetzt. Diverse Schrauben hatten sich aus ihren Löchern hinaus vibriert und lagen in den Schränken am Boden. Im vorderen Bereich nahe des Zugfahrzeugs, dort wo die Belastung aufgrund der Bodenwellen am größten ist, fanden wir die meisten heimatlosen Schräubchen. Auch sonst war Murphys Law ungnädig mit uns. Mal war es ein Hängeregal im Kleiderschrank, das komplett auseinanderfiel, mal ein abgerissener Abwasserschlauch, mal ein abgefallener Reflektor… jeden Tag was Neues. Es war also dringend ein längerer Werkstatt-Tag nötig.

Zurück zum Dämpfer. Die Internetrecherche ergab, dass die Reparatur wiedermal einfach und günstig war. Das Bauteil – von einem deutschen Hersteller – wäre in Good Old Germany problemlos zu bekommen gewesen. In Neuseeland hingegen gab es einen einzigen Onlineshop, der ein einziges Teil auf Lager hatte, zum fünffachen Preis. Haben wir trotzdem sofort bestellt, hilft ja nix! In knapp zwei Wochen sollte es in Manapouri ankommen. Dort hatten wir einen längeren Stopp auf einem Bauernhof geplant, ideal für eine größere Reparatursession. Bis dorthin waren allerdings noch etwa 500 Kilometer zurückzulegen, und es erwies sich als vorteilhaft, dass am Südzipfel im Nirgendwo sehr wenig Verkehr herrscht. Unter maximaler Vermeidung von abruptem Bremsen oder Beschleunigen – agil wie ein Containerschiff – zuckelten wir durch die schöne Küstenlandschaft. Beim Fahren stellte ich mir ununterbrochen einen randvollen offenen Eimer Wandfarbe im Kofferraum vor.

Auf der Farm angekommen war schnell alles gut. Der Dämpfer wurde geliefert und war binnen 20 Minuten eingebaut. Die zur Verfügung stehende Werkstatt war ein Segen, denn es gab noch etwas mehr zu tun: Schrauben wieder einschrauben (und einkleben), das Stockbett nochmal ordentlich festziehen, dem Warmwasserboiler einen neuen Schalter verpassen, Hängeregal und abgerissenen Wasserschlauch ersetzen… allerlei kleine Reparaturen also an unserer Old Lady. Zuletzt beschloss ich den Gaskühlschrank auszubauen, um die Brennerdüse zu reinigen. Dieser Kühlschrank war anfangs ein ziemlicher Schwächling und hat uns einige Sorgen bereitet. Bis wir verstanden haben, dass er absolut hundertprozentig eben stehen muss. Seitdem nutzen wir zum Parken eine Wasserwage. Und siehe da, er funktioniert nun einwandfrei, toitoitoi.

Vollständig repariert und mit jugendlicher Kraft rollte Ulla weiter, aber keine fünf Tage sollte es dauern… An einer zunächst unauffälligen Parkplatzeinfahrt in Wanaka war die Rampe wohl doch zu steil, das Wohnwagenheck setzte ordentlich auf. Laut fluchend sammelten wir die abgefallenen Styroporteile von der Straße. Zum Glück war der Schaden deutlich weniger schlimm als er aussah, ein bisschen Kosmetik und ein paar Schrauben, wird schon wieder. Kommt erstmal auf die Aufgabenliste für den nächsten längeren Stopp…

An der einsamen Westküste auf dem Weg Richtung Greymouth wurden die Rumpelstraßen noch übler. Nach 500 Kilometern Rüttelstrecke waren die frisch eingeklebten Schrauben wieder draußen. Zudem war das Bodenbrett des Stauraums aufgrund der vielen Bewegungen inzwischen angeknackst. Ach herjee… Gut, dass wir bald wieder in Taupo bei unseren Freunden vorbeikommen würden, es war schon wieder dringend ein Reparaturtag nötig.

In Dunedin hatte ich nur ein paar Schrauben nachgezogen, in Manapouri sogar eingeklebt und verstärkt. Jetzt reichte es mir, meine Ehre als Bordmechaniker war gekränkt! Diesmal kommt deutlich mehr Stahl zum Einsatz, aus dem Ding mach ich einen Panzer!! In Taupo angekommen war ich einen vollen Tag an und vor allem unter unserer Ulla am Schrauben. Zahlreiche zusätzliche Stahlwinkel angebracht, Versteifungsbretter, größere Schrauben, neue Kofferraumbretter eingesetzt, Nieten ausgetauscht und Schrauben eingeklebt. Sprich alles bombenfest gemacht, wäre doch gelacht! Bisher sieht‘s gut aus. Wir sind schon wieder viele hundert Kilometer weitergereist, und unsere Ulla zeigt noch keine neuen Schwächen, sogar der Kühlschrank funktioniert. Wäre zu schön, wenn das bis zum Schluss so bliebe!

Und Otto, unser Allradjeep? Unser Zugfahrzeug ist der Inbegriff deutscher Wertarbeit. Die einzigen bisher nötigen Reparaturen waren uns beim Kauf bereits bekannt:

  • Zwei Reifen mit neuem Profil mussten her,
  • ein Innentürgriff war kaputt (längst repariert),
  • neue Scheibenwischer waren nötig,
  • die Klimaanlage ist kaputt (was auch so bleibt, Frischluft im Auto ist prima).

Das war’s, keine weiteren Auffälligkeiten. Die nötige TÜV-Verlängerung hat er ohne die kleinste Beanstandung erhalten. Wir müssen eigentlich nur noch regelmäßig tanken…. Ach Otto, wenn du nicht soviel Sprit saufen würdest, würde ich dich glatt mit nach Deutschland nehmen – wahre Liebe eben! Otto ist das erste (und vermutlich letzte) Fahrzeug mit Stern, das wir uns leisten können und tut wirklich alles, um den Ruf seines Premiumklasse-Herstellers zu unterstreichen. 20 Jahre und kein Fünkchen Rost. Er lässt kein Öl tropften, springt an wie eine Eins, schnurrt sanft wie ein Kätzchen und bügelt mit seinem 4×4 SUV-Fahrwerk ruhig über sämtliche neuseeländischen Bodenwellen. Möge es immer so bleiben…

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